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Wandern Mittelweser

Vom Pfarrbusch zum Januarsberg

janu Aussichts-Türmchen ohne Fernsicht - auf dem Januarsberg bei Steyerberg (© ga&ul 2021-04)

Vom Pfarrbusch auf den Januarsberg

Unsere vierte Wanderung an der Weser bei Nienburg führt auf den Januarsberg. Er liegt nördlich von Steyerberg und ist mit 90 Metern höchster Punkt dieser Region. Die erste Etappe führt höchst idyllisch durch den Pfarrbusch und folgt dem Langhorstkuhlengraben, super schön im frühen Frühjahr, wenn die Buschwindröschen blühen. Nach Überqueren der Aue folgen wir dem Hubertusweg bis zum Lebensgarten: Unbedingt ein wenig Zeit nehmen und umschauen!
Ab hier laufen wir für lange Strecken fast nur durch Wald, erst nordwärts, dann nach der Biege über Januarsberg und Eichenkratt wieder nach Süden, bis wir am Stadtrand von Steyerberg ankommen. An der Großen Aue entlang gelangen wir in das Zentrum, vorbei an der historischen Wassermühle, am Amtshof und der steinernen Bogenbrücke aus dem 18. Jahrhundert. An der Kirchstraße finden wir Einkehrmöglicheiten unterschiedlicher Art. Bevor wir wieder zum Parkplatz am Friedhof zurückkehren, sollte man noch einen Blick auf und in die Katharinenkirche werfen, deren Ursprünge bis in das 13. Jahrhundert reichen.

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Pfarrbusch
Am einfachsten fährt man direkt von der Umgehungsstraße L350 ab, Ausfahrt Steyerberg-Ost, und steuert den Parkplatz am Friedhof an. Von dort ist man mit wenigen Schritten im Pfarrbusch und in einer anderen Welt. Entlang des Langhorstkuhlengrabens ziehen sich hier verschlungene Pfade durch dieses kleine, hügelige Paradies. Buschwindröschen säumen den Bachlauf, diverse Brücken führen hinüber. Sogar ein kleines Mühlrad erfreut nicht nur Kinder, die hier gern zum Spielen herkommen. Außerdem sind hier noch einige, liebevoll gepflegte Märchenszenen aufgebaut, die dem Ganzen einen Hauch von Märchenwald geben. Doch in früheren Zeiten hat sich hier auch schreckliches abgespielt. Davon zeugt ein Gedenkstein, der an einen Mord erinnert.
Nachdem wir den Pfarrbusch durchlaufen haben, dem Langhorstkuhlengraben folgend, kommen wir an dessen Mündung in die Große Aue. Rechts von uns haben sich Angler aufgereiht, die um den größten Fang wetteifern. Wir halten uns links, queren den Fluss, der sich hier aber eher als Kanal darbietet.

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Von der Großen Aue zum Lebensgarten
Die Große Aue war einst ein lebendiger, sich schlängelnder Fluss. Einige Altarme an den Geesthängen zum Wesertal zeugen noch davon. Heute ist die Aue ein kanalisierter Entwässerungsgraben für die verschiedenen Moorgebiete, die sie durchfließt.
Nachdem wir die Aue auf der Straßenbrücke überquert haben, laufen wir erst einmal auf der Zufahrtsstraße zum Hof Dunk durch ein Waldgebiet, bevor wir nach links in den Hubertuspfad einbiegen. Über dessen Entstehung berichtet eine kleine Tafel unter dem hölzernen Wegweiser. Der Besitzer des Hofes Dunk, Hubert Roth, hatte Ende der 70er Jahre die Anlage und Benutzung eines Weges quer durch seinen Besitz zugelassen. Der Weg wurde nach seinem Vornamen benannt, und wir dürfen ihm und dem Heimatverein heute noch dankbar sein für diesen schönen Wanderweg.
Wir durchqueren also den Wald auf Dunk'schem Besitz. Dann führt der Weg quer über eine feuchte Wiese, durch die einst die ungebändigte Große Aue in einer weiten Schleife geflossen ist. Von ihr ist nur ein Entwässerungsgraben übrig geblieben, der Dunkgraben. Auf der anderen Seiten erklimmen wir die Geestkante über eine geschwungene Holztreppe. Oben halten wir uns links, laufen auf breitem, sandigem Weg auf eine Siedling zu, die heute Lebensgarten genannt wird.

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Lebensgarten
Lebensgarten e.V. ist eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft mit ökologisch-spiritueller Ausrichtung. Die Siedlung ist entstanden im Zusammenhang mit dem Bau der Munitionsfabrik zwischen Steyerberg und Liebenau. Nach dem Krieg unterstand die Siedlung der englischen Besatzungsmacht. Es wurde ein Lager eingerichtet mit einem zivilen Bereich, in dem Flüchtlinge vor allem aus den deutschen Ostgebieten eine erste Bleibe fanden, und einem militärischen Bereich.
1977 gab die britische Besatzungsmacht das Lager auf. Versuche, die festen Gebäude zu verwerten, scheiterten. Die Häuser wiesen nach und nach immer mehr Schäden auf. Das änderte sich erst ab 1983. Zwei Jahre später entstand hier der "Lebensgarten Steyerberg e.V.". Die Häuser wurden nach und nach unter ökologischen Kriterien instand gesetzt. Heute leben und arbeiten in den 63 Lebensgarten-Häusern etwa 100 Mitglieder mit ihren Familien. Ein unter militärischen Gesichtspunkten errichtetes Lager hat sich gewandelt in eine friedliche, blühende Siedlung, die unbedingt sehenswert ist.

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Auf zum Januarsberg
Wir verlassen die Siedlung nach einem kleinen Rundgang auf einem schmalen Weg in den direkt angrenzenden Wald. Ziel ist nun der Januarsberg mit seinem Aussichtsturm. Auf halbem Weg legen wir auf einer Bank an einer sonnigen Stelle unsere obligatorische Rast ein und schauen, was der Rucksack so hergibt.
Mit vielen schönen Eindrücken und nach einer erholsamen Pause setzen wir den Weg fort hinauf auf den 'Berg'. Das letzte Stück verläuft ansteigend durch ein Heidegebiet. Auf dem höchsten Punkt steht ein hölzerner Aussichtsturm. Leider sind die umliegenden Wälder inzwischen so hoch gewachsen, dass man den Turm aufstocken müsste, um den viel beschworenen Blick auf die Porta Westfalica genießen zu können. Eine dunkle Waldlinie knapp über den Baumwipfeln lässt das Wiehengebirge in der Ferne nur noch erahnen. Dennoch lohnt sich der Weg hier hinauf. Wald und Heide hier oben strahlen eine herrliche Ruhe aus, die zu einer weiteren Pause einlädt.

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Zurück nach Steyerberg
Wir machen uns auf den Rückweg. Er führt erst einmal durch ein als "Eichenkratt" bezeichnetes sieben Hektar großes Gebiet. Laut Wikipedia ist ein Kratt die norddeutsche Bezeichnung für einen Niederwald mit kleinen und zum Teil verschlungen gewachsenen Bäumen. Solche Wuchsformen entstehen auf kargen Böden und wenn die Bäume häufig starkem Wind ausgesetzt sind. Zu dem verkrüppeltem Wuchs trug außerdem bei, dass die Bäume immer wieder zur Gewinnung von Brennholz gekappt worden sind.
Nachdem wir den Krattwald verlassen haben, landen wir auf breiteren Forstwegen, auf denen wir möglichst am Waldrand entlang auf Steyerberg zu laufen. So landen wir wieder auf der Zufahrtsstraße zur Lebensgarten-Siedlung, gehen ein Stück nach links, um gleich wieder rechts in die Straße "Auf dem Berge" abzubiegen, die direkt hinunter nach Steyerberg führt. Da wir nicht die ganze Zeit Straße laufen wollen, biegen links in einen Pfad ab, der in den Wald hinein führt. Doch wir landen an einer aufgegebenen Ziegelei, an der es nicht weiter geht. Also zurück zur Straße. An der nächsten Ecke biegen wir wieder ab und laufen erneut nach links in den Wald. Dieser Pfad führt nun wirklich hinunter zur Großen Aue. Das letzte Stück führt steil hinab über mehrere Treppen.
Wir können nun ein ganzes Stück direkt am Kanal, äh Fluss, entlsng flanieren, müssen dann aber doch wieder ein wenig von ihm weg durch Straßen laufen, die uns zur alten Hauptstraße durch den Ortskern bringen. Vor uns sehen wir schon das Mühlenensemble an der historischen Brücke aus dem 18. Jahrhundert. Leider ist das Museum geschlossen, so dass wir alles nur von außen besichtigen können. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass hier vor noch nicht allzu langer Zeit der gesamte Verkehr über die steinerne Bogenbrücke gerollt ist, den heute eine Umgehungsstraße am Ortskern vorbei leitet.
Von der Mühle aus sind es nur noch wenige Schritte zum Markt und in die Kirchstraße, wo verschiedene Möglichkeiten zur Einkehr auf müde Wanderer warten. Wir hatten bereits unsere Rast unterwegs. So können wir der Kirchstraße gleich weiter folgen, bis wir auf das Hinweisschild zum Hotel und Restaurant Süllhof stoßen. Hier biegen wir links ab, kommen am Süllhof vorbei (geschlossen), um gleich dahinter rechts abbiegend noch einmal am Pfarrbusch entlang zu laufen. Dabei queren wir den Ententeich, der früher einmal eine Badeanstaltgedient hat, gespeist vom bereits oben vorgestellten Langhorstkuhlengraben. Von hier ist es nun nicht mehr weit bis zum Friedhof und zum Ausgangspunkt dieser schönen Wanderung.

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Fazit
Die linksseitigen Geesthöhen entlang der Weser gehören zu den schönsten Wandergebieten im Mittelweser-Gebiet. Sie wirken in mancher Hinsicht ein wenig aus der Zeit gefallen. Es gibt zum Beispiel keinerlei Beschilderung. Man muss schon Ortskenntnis besitzen oder guter Kartenleser sein, um hier zu runden Wanderungen zu kommen, die viel Sehenswertes einschließen. Wenn man das mal mit der Stadt Bassum vergleicht, wird deutlich, was hier versäumt wird. Die kleine Stadt Bassum hat in einem viel kleineren Gebiet eine Vielzahl von Rundwanderwegen entwickelt, schön zu laufen, vorbildlich ausgeschildert und auf Papier und im Internet gut gestaltet und übersichtlich dokumentiert.
Im Gebiet um Steyerberg stösst man dagegen auf wahre Kleinode wie den Pfarrbusch oder den Hubertusweg, die irgendwann mal vom Heimatverein und vom Flecken touristisch aufbereitet worden sind. Aber alles ist total in die Jahre gekommen, nirgendwo vernünftig dokumentiert und vor allem so gut wie gar nicht ausgeschildert. Es fehlen Informationen über die Verbindungen, die die einzelnen Sehenswürdigkeiten für längere Wanderungen verknüpfen könnten. Wer dagegen wie wir gern selbst recherchiert, wird an den Weserhängen mit sehr schönen Wanderungen belohnt.

Weitere Tipps für Wanderungen an den Weserhängen
Den anderen, weniger versierten Wanderlustigen wollen wir mit diesem wie mit den anderen Beiträgen zum Thema helfen, diese Region zu erwandern und zu genießen.
ug 2021-04-03

Zoombare Karte zu den Wanderungen

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